Shonda Rhimes: „Im Namen aller Frauen werde ich prahlen“

Das ist Shonda Rhimes

Shonda Rhimes saß bei fast jedem von uns schon mit im Wohnzimmer. Sie hat uns zum Lachen und zum Weinen gebracht, uns atemlose „Wow“-Momente beschert und uns nie gelangweilt. Ein willkommener Gast also, der nun mit einem neuen Gastgeschenk an unsere Türen klopft: Queen Charlotte: A Bridgerton Story ist seit dem 4. Mai auf Netflix zu sehen.

Rhimes gehört zu den erfolgreichsten Serien-Produzent*innen der letzten 20 Jahre. Grey's Anatomy, Private Practice, Scandal, How to Get Away with Murder, Inventing Anna, Bridgerton – alles Produktionen, die sie als Autorin, Showrunnerin oder Produzentin prägte und verantwortete.

Inventing Anna - eine weitere Erfolgsserie von Shonda Rhimes

Rhimes Weg an die Spitze der Fernseh-Macher*innen war nicht vorgezeichnet. Geboren 1970, aufgewachsen in einem Vorort von Chicago, als jüngstes von sechs Kindern. „Wir haben zu Hause nicht viel ferngesehen“, sagt Shonda Rhimes in einem Gespräch mit dem Guardian. „Meine Eltern sind Intellektuelle und Fernsehen hat sie nicht interessiert.“

Warum sie sich nach dem College trotzdem für ein Drehbuch-Studium in Los Angeles entschied, erklärt Rhimes so: „Ich hatte einen Artikel gelesen, in dem stand: es ist schwieriger, dort angenommen zu werden als an der juristischen Fakultät von Harvard.“ Shonda Rhimes ist eine Wettkämpferin, sie steht auf Herausforderungen. „Competetive“ nennen es die US-Amerikaner*innen.

Ein Praktikum bei Denzel Washingtons Produktionsfirma folgt, Rhimes schreibt an dem Britney Spears' Film Not a Girl - Crossroads mit. Und darf nun auch Fernsehen nachholen: Buffy the Vampire Slayer, Felicity und 24 gehören zu ihren Favoriten.

Der große Durchbruch kommt 2005 mit Grey’s Anatomy. Die Serie ist Shonda Rhimes Baby, sie hatte die Idee, sie ist Showrunner. Auch nach 19 Staffeln ist kein Ende in Sicht. Rhimes ist nun in der Erfolgsspur: Private Practice und Scandal folgen. Längst hat sie Shondaland gegründet, ihre eigene Produktionsfirma.

Ihr Wechsel 2017 von ABC zu Netflix ist ein Paukenschlag in der Branche. „Ich hatte das Gefühl, dass ich sterben würde“, erklärt sie ihren Wunsch nach Veränderung. „Es war, als würde ich schon seit langer Zeit den gleichen Ball auf die gleiche Weise den gleichen Hügel hinaufschieben.“ Und weiter: „Ich bin zu Netflix gekommen, weil ich in der Lage sein wollte, Fernsehen zu machen, ohne dass mich jemand stört.“

Über ihr erstes Treffen mit Netflix-Co-CEO Ted Sarandos erzählt Rhimes: „Das erste, was ich ihm sagte, war: Es wird kein weiteres Grey's Anatomy geben –  weder Grey's Anatomy in einem Maisfeld, noch Grey's Anatomy auf einem Baseballfeld oder Grey's Anatomy auf einem Flughafen. Das wird einfach nicht passieren. Und Ted sagte: Das würde ich nie erwarten.“ Der Beginn einer äußerst erfolgreichen Zusammenarbeit.

„Shonda weiß, wie man unterhält, wie man die Leute zum Nachdenken bringt und wie man eine Geschichte schreibt – besser als jeder andere, mit dem ich je zu tun hatte“, sagt Sarandos. Das stellt Rhimes bei Netflix mit Produktionen wie Inventing Anna und Bridgerton eindrucksvoll unter Beweis. Bridgerton haben in den ersten vier Wochen 82 Millionen Menschen gestreamt. Darunter auch die Clintons, die, laut Bill Clinton, die gesamte erste Staffel an einem Abend durchgeschaut haben.

Queen und King: Charlotte mit ihrem George

Nun also das Spin-Off Queen Charlotte: A Bridgerton Story. Die aus Bridgerton bekannte Monarchin bekommt ihre eigene Serie. Gespielt wird Charlotte von India Amarteifio und im reiferen Alter von Golda Rosheuvel.

Rhimes war schon bei der Produktion von Bridgerton von der Figur Charlotte fasziniert. „Sie war übergroß, sehr glamourös und stand über allen anderen. Sie hatte viel von mir.“

Das Selbstbewusstsein, das aus solchen Sätzen klingt, hatte Rhimes nicht immer, verriet sie dem Hollywood Reporter. Treffen mit vielen Menschen waren ihr früher ein Greul. Dann geht sie ihre Schüchternheit offensiv an und wagt ein Experiment: Ein Jahr lang sagt sie zu allem Ja, was ihr Angst macht –  schicke Essenseinladungen, Reden halten. Alles, wo sie angestarrt wird und man von ihr etwas erwartet. Dann schreibt sie ihre Erfahrungen auf.

Natürlich wird The Year of Yes ein Bestseller und hat heilende Wirkung für Rhimes. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Männer prahlen und Frauen sich verstecken.“

Das tut sie seitdem nicht mehr. Als sie 2018 mit dem Luminary Award ausgezeichnet wird, sagt sie: „Ich bekomme diesen Preis, weil ich andere Frauen inspiriere, und wie kann ich jemanden inspirieren, wenn ich mich verstecke? Im Namen aller Frauen werde ich jetzt prahlen! Ich bin die bestbezahlte Showrunnerin im Fernsehen!“ Der Saal brach in Begeisterungsstürme aus.

Darum geht’s in Queen Charlotte: A Bridgerton Story

Die Serie erzählt die Vorgeschichte der aus Bridgerton bekannten Monarchin, die lose auf Charlotte von Mecklenburg-Strelitz (1744-1818) basiert. Die 17-jährige Charlotte kommt als belächelte Außenseiterin an den britischen Hof. Doch sie schafft es, ihre bewegte Ehe mit Georg III. über 57 Jahre, 15 Kinder und seine mehrfachen Anfälle von Geisteskrankheit aufrechtzuerhalten.

Das ist das wichtigste Zitat von Shonda Rhimes über Queen Charlotte: A Bridgerton Story

„Ich habe nicht an Meghan Markle gedacht, als ich Queen Charlotte schrieb.“

(Angesprochen auf die Parallelen zwischen Meghan Markle und Queen Charlotte)

Hier sind Produktionen von Shonda Rhimes auf Netflix zu sehen:

Bridgerton (2022): Die Erfolgs-Serie über Englands (fiktive) High-Society Anfang des 18. Jahrhunderts bietet Intrigen, rauschende Ballnächte und immer wieder überraschende Plot-Twists. Bisher gibt es zwei Staffeln (16 Folgen), die dritte Staffel ist bereits in Arbeit.

How to get away with Murder (2014-2020): Anwältin und Professorin Annalise Keating (Viola Davis) ist charismatisch, skrupellos und manipulativ. Sie schart eine Gruppe von hochintelligenten Studierenden um sich, die bereit sind, alles zu tun, um Keating zu beeindrucken. Die Serie ist mit sechs Staffeln abgeschlossen.

Inventing Anna (2022): Die Mini-Serie (neun Episoden) ist inspiriert von der wahren Geschichte der Hochstaplerin Anna Sorokin (Julia Garner). Die junge Deutsche gab sich in der New Yorker High Society als reiche Erbin aus und konnte so mehrere Hunderttausend Dollar ergaunern.

Das wissen nur echte Fans

In einer Diskussion über die Vergütung kreativer Arbeit erklärte Shonda Rhimes: „Warum sagen Reporter immer, dass Autoren in Deals gelockt wurden? Als wären wir Kinder, die einer Spur von Süßigkeiten folgen. Ich habe mit meiner Vorstellungskraft eine Einnahmequelle von mehr als zwei Milliarden Dollar für ein großes Unternehmen geschaffen. Ich folge nicht den Spuren von Süßigkeiten. Ich bin die Süßigkeit.“

Netflixwoche Redaktion

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