Yoga, Meditation und Spiritualität: Die besten „Ommm“ auf Netflix

Ein altes Zen-Sprichwort besagt, dass man 20 Minuten am Tag meditieren sollte. Es sei denn, man ist der Ansicht, keine Zeit dafür zu haben – dann sollte man eine Stunde meditieren. Klingt verrückt, aber es scheint etwas dran zu sein, wie eine spannende Explained-Episode erklärt. Überhaupt gibt es auf Netflix viel Sehenswertes über Meditierende, Yogis und Gurus. Klar wird dabei auch, dass es in der Welt von Yoga und Spiritualität nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Originals wie Bikram: Yogi, Guru, Raubtier und Wild, Wild Country legen da ein so unterhaltsames wie informatives Zeugnis ab. Näheres zu diesen Titeln und noch viel mehr in diesen spirituellen Empfehlungen.

Wer selbst aktiv werden möchte, findet hier die besten Yoga-Übungen für Kinder (und ihre Eltern). Garantiert frei von Scharlatanerie. 

Ram Dass, Going Home (2018)

In seinen jungen Jahren lehrte Richard Alpert (1931 – 2019) als Psychologie-Professor zusammen mit dem berühmt-berüchtigten Timothy Leary in Harvard. Beide wurden 1963 entlassen, nachdem ihre Studien über die Wirkung von LSD für Aufsehen gesorgt hatten. Sie setzten ihre Experimente mit psychedelischen Drogen fort, bis Alpert 1967 nach Indien ging und tief in die spirituellen Praktiken von Yoga und Meditation eintauchte. Nachdem er zum Hinduismus konvertierte, nannte er sich fortan Ram Dass, Diener Gottes. Zurück in den USA schrieb er mit Be Here Now eines der prägenden Bücher der New-Age-Bewegung. Noch heute gilt es als Standardwerk über Spiritualität.

Die Dokumentation Ram Dass, Going Home erzählt in Super-8-Aufnahmen aus den 1960er und 1970er Jahren das Leben von Ram Dass retrospektiv. Auch Zeitungsausschnitte, Fotos und Audioaufnahmen werden ausgewertet. Vor allem aber trifft Regisseur Derek Peck den Protagonisten in seinem letzten Lebensabschnitt auf Maui. In wunderschönen Filmbildern porträtiert die dreißigminütige Dokumentation Ram Dass zwei Jahre vor seinem Tod. Von einem Schlaganfall gezeichnet, lebt der 86-Jährige mit spiritueller Hingabe im Hier und Jetzt. Durch die Kamera sehen wir seine Welt, den Garten in satten Grüntönen, Gräser, Palmen und tropische Pflanzen. Die überwältigende Naturkulisse steht in perfekter Harmonie mit dem inneren Frieden Ram Dass’ und macht die Poesie dieses Films aus. Gleichzeitig verklären die Filmbilder nicht die Lebensumstände eines alten Mannes. Die Kamera schaltet nicht aus, wenn Ram Dass aus dem Rollstuhl gehoben oder von seinem Arzt untersucht wird. Durch Ram Dass’ anmutigen Umgang mit dem Tod und seiner unendlichen Liebe für das Leben fühlt man sich am Ende des Films ein bisschen voller, zentrierter und im Einklang mit der Welt. 

Bikram: Yogi, Guru, Raubtier (2019)

„Er sieht sich wie eine Mischung aus Mutter Theresa und Howard Stern.“

Während Ram Dass ein wahres Vorbild für viele bleiben wird, hat der Ruf des Gurus Bikram nach Missbrauchsenthüllungen stark gelitten. Zertifizierte Bikram-Yoga-Studios haben den Namen abgelegt und wollen mit dem kriminellen Yogi nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Auch wenn seine spezielle Methode des Yogas – in einem 40 Grad heißen Raum die immer gleichen Posen praktizieren – weiterhin gelehrt wird. Doch von vorn: Bikram Choudhury kam 1973 aus Indien nach Kalifornien und gründet dort das Bikram Yoga College of India. Fortan lehrte er eine angeblich selbst erdachte Abfolge von Yoga-Asanas in heißen Studios und ließ sich das Konzept patentieren. Die Szene reagierte mit Kritik, denn die Reihenfolge dieser Übungen war tatsächlich nicht neu. Doch der eigentliche Skandal sollte erst noch kommen. Der wachsende Ruhm und Reichtum machte Choudhury größenwahnsinnig. Er beleidigte, diskreditierte und diskriminierte seine Yogaschüler*innen schamlos – und schreckte auch vor körperlichen Übergriffen nicht zurück. Seit 2013 klagten ihn immer mehr Frauen der sexuellen Belästigung und Vergewaltigung an. Selbst während der Verhöre mangelte es dem geltungssüchtigen „Guru“ an Selbstkontrolle. 2016 wurde er verurteilt und floh daraufhin zurück nach Indien.

Die Netflix-Dokumentation Bikram: Yogi, Guru, Raubtier dokumentiert den Aufstieg und Fall des Hot-Yoga-Gründers. Der Film der Oscar-Preisträgerin Eva Orner lässt ehemalige Schüler*innen, Opfer und Zeug*innen zu Wort kommen und zeigt, wie Bikram und seine engsten Anhänger*innen ein System erschufen, in dem sein Missbrauch systematisch verdeckt wurde. Wir bekommen im Film Einblick in eine aggressive und fast sektenhafte Trainingsatmosphäre.

Wild Wild Country (2018)

Die Suche nach einem neuem Bewusstsein ließ Scharen junger Menschen in den 1970er Jahren nach Indien reisen. Einige fanden ihr Ziel beim charismatischen Guru Bhagwan Shree Rajneesh und schlossen sich seinen Anhänger*innen an, den Sannyasins. In Bhagwans Ashram wurde nicht nur gebetet und meditiert, sondern auch ekstatisch getanzt, geschrien und in wilden Orgien die sexuelle Befreiung gelebt. Immer mehr Menschen strömten in das vermeintliche Paradies im indischen Pune und importierten danach ihre neue Geistesfreiheit in ihre Heimatländer. Ein globaler Eroberungszug! Als Bhagwan Ärger mit den indischen Steuerbehörden bekam, sollte ein neues Zentrum der Sekte in den USA entstehen.

Genau hier beginnt die Erzählung der großartigen Doku-Serie Wild Wild Country. Es ist der Anfang vom Ende einer ursprünglich friedlichen Idee, die in Macht, Geldgier und Gewalt umschlägt. Diese wahnwitzige Zeit können wir in sechs detailreich inszenierten Episoden miterleben. Die Serie beginnt 1981 mit dem Kauf des Geländes einer ehemaligen Ranch in Oregon. Hier soll die Sannyasin-Utopie in den USA realisiert werden und das Rajneeshpuram entstehen. Sie endet 1985 mit der Ausweisung Bhagwans aus den USA und dem qualvollen Erwachen aus der Illusion. Mit tollen Archiv-Aufnahmen zeigt die Dokumentation, wie aus vermeintlichen Freigeistern radikale Fanatiker*innen werden, die sich mit den Bewohner*innen des nahegelegenen Dorfes anlegen, weil diese die Praktiken der Kommune nicht tolerieren wollen. Die Lage heizt sich auf, und schließlich kommt es zum Showdown zwischen alter und neuer Welt, Prüderie und vermeintlicher Progressivität. An vorderster Front steht die engste Vertraute Bhagwans, seine Sekretärin Sheela, die mit einer dubiosen eigenen Agenda die orange gekleideten Sannyasins zu Bespitzelung, Bioterror, Bombenanschlägen und Mordversuchen anstachelt. Osho, wie sich Bhagwan zu dem Zeitpunkt nannte, spielt in dem Thriller die wohl bizarrste Rolle. Mit Lachgas zugedröhnt gackert er in seinen Vorträgen vor sich hin. Am Ende besitzt er so viele Rolls Royces wie Perlen an der Gebetskette – eine angeblich Parodie auf den amerikanischen Kapitalismus. Willkommen im ausgeträumten Hippie-Traum, treten Sie ein ins Wild, wild Country!

Headspace (2021)

Ok, nach so viel durchgedrehten Yogis wieder zurück zu den positiven Effekten von Yoga, Meditation und Achtsamkeit. Wir sind ja alle nur Menschen. Wir alle kennen Angst und Traurigkeit, Sorgen und das Gefühl von Minderwertigkeit. Manchmal gibt es keinen besonderen Anlass, und doch fühlt man sich niedergeschlagen und lustlos. Um sich nicht immer wieder davon überwältigen zu lassen, sondern Abstand zu Gefühlen zu bekommen, ist Meditation eine erprobtes Mittel. Die tägliche Einkehr fördert nicht nur die positive Selbstwahrnehmung, sondern auch Impulskontrolle, Konzentration und Lernfähigkeit. Studien beweisen immer wieder die erstaunlichen Erfolge von Meditation. Warum also nicht direkt damit anfangen? Die Miniserie Headspace macht es besonders einfach: einschalten und loslassen.

Explained: Unser Kopf – Achtsamkeit (2019)

Wer bisher noch nicht von Meditation überzeugt war, der wird es möglicherweise nach dieser aufschlussreichen Explained-Folge über Achtsamkeit  sein. Sie folgt dem buddhistischen Mönch Yongey Mingyur Rinpoche, der sich nach jahrelangen Meditations- und Achtsamkeitspraktiken von Wissenschaftler*innen in Wisconsin untersuchen ließ. Die Gehirnscans ihrer Studie ergaben, dass der 41-Jährige die Vitalität eines 33-jährigen Gehirns hatte. Sie untersuchten weitere Proband*innen und wiesen nach, dass regelmäßiges Meditieren wie ein Training des eigenen Bewusstseins wirkt.

Die Folge gibt einen Überblick über Techniken und Traditionen der Meditation in verschiedenen Religionen, Denkschulen und Ländern. Denn Meditation heißt nicht nur, mit geschlossenen Augen im Schneidersitz zu verharren. Sie kann auch beim Gehen, Singen, Tanzen oder im Gebet erfolgen. Beinahe jede unserer Alltagsverrichtungen lässt sich mit einer Achtsamkeitspraktik verbinden. Bei allem geht es um „Satipatthana“: die Fähigkeit, Aufmerksamkeit nach innen zu richten. Was dabei im Kopf vorgeht, erklärt der berühmte Neurowissenschaftler und Hirnforscher Richard J. Davidson in dieser Episode.

Explained: Unser Kopf – Achtsamkeit ist nur eine von zehn spannenden Folgen, die unser Bewusstsein und Unbewusstsein erklären.

Netflixwoche Redaktion

Drücke ESC, um die Suche zu schließen.