Schon alle True-Crime-Dokus auf Netflix gesehen? Hier ist Nachschub

Als Ryan Murphy zum ersten Mal einen echten Tatort besuchte, trug er einen weißen Anzug. Murphy war Praktikant einer Regionalzeitung und sollte über einen Überfall berichten. Der Räuber war gestolpert und hatte sich selbst ins Gesicht geschossen. „Als ich diesen Menschen sah, dessen Kiefer nur noch an einem Faden baumelte, entschuldigte ich mich und übergab mich“, erzählt Murphy. Der Fotograf sagte zu Murphy: „Ich glaube nicht, dass Sie bei diesem Job Weiß tragen sollten.“

Die Lektion lernte er, die Faszination für Verbrechen blieb. Ryan Murphy hat gemeinsam mit Ian Brennan einige der erfolgreichsten True-Crime-Shows geschrieben und produziert.

Im Oktober bekam er dann einen Anruf von Netflix mit der Nachricht: Murphy konkurriert mit sich selbst um den ersten Platz in den Top 10 auf Netflix. Seine neuen True-Crime-Serien Dahmer – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer über den berühmten Serienmörder, sowie seine Serie The Watcher über eine Familie, die gruselige Briefe von einem Stalker bekommt, waren sofort Hits.

Nun steht fest, dass die Monster-Anthologie um zwei weitere Staffeln verlängert wird. Darin wird Murphy wieder „Geschichten über andere monströse Figuren“ erzählen, „die die Gesellschaft beeinflusst haben“. Auch The Watcher bekommt eine zweite Staffel.

Warum sind so viele Menschen geradezu süchtig nach True-Crime-Serien? „Die Welt ist ein dunkler Ort und wird immer dunkler, und die Menschen suchen nach einem Ort, an dem sie ihre Ängste abbauen können“, erklärt sich Ryan Murphy den Hype.

Für alle, die wie Murphy nicht genug von True-Crime-Geschichten bekommen können – und die berühmtesten Dokus schon alle gesehen haben – haben wir hier 15 neue und weniger bekannte Geschichten gesammelt, die jetzt auf Netflix zu sehen sind.

1. Capturing the Killer Nurse (2022)

Im Netflix-Film The Good Nurse spielt Jessica Chastain die Krankenschwester Amy Loughren, die der Polizei half, ihren guten Freund zu fassen: den Pfleger und Serienmörder Charles Cullen (gespielt Eddie Redmayne). Nun kommt die wahre Amy Loughren zu Wort, in der Doku Capturing the Killer Nurse. Anhand von Audioaufnahmen mit Cullen selbst und Interviews mit Loughren, den Ermittlern, den Familien der Opfer und anderen zeigt die Doku auf, warum die Behörden erst so spät auf die Morde aufmerksam wurden.

2. I am a Stalker (2022)

„Mir wäre es lieber, man würde mich einen Mörder als einen Stalker nennen.“ Rund drei Millionen Fälle von Stalking werden jedes Jahr in den USA angezeigt. Fast die Hälfte davon endet in Gewalt. Als Nachfolger der Serie I am a Killer begibt sich I am a Stalker auf die Spuren verurteilter Stalker, die das Leben ihrer Opfer durch Nachstellung und Belästigung zur Hölle gemacht haben. Die Serie gibt verstörende Einblicke in die Motive der Täter*innen und erzählt aus Perspektive der Opfer über den Terror, ständig verfolgt und beobachtet zu werden.

3. Fifa Uncovered (2022)

Die Vorwürfe klingen eher nach einer Mafia als nach einem gemeinnützigen Verein: Betrug, Geldwäsche, Schutzgelderpressung, Steuerhinterziehung. Die vierteilige Miniserie Fifa Uncovered erzählt die Geschichte des Internationalen Fußballverbandes und deckt Machtkämpfe und Machenschaften auf. Denn bald beginnt die umstrittene Weltmeisterschaft in Katar. Und die Geschichten in dieser Doku sind „so schockierend, dass du dich danach schämen wirst, ein Fan zu sein“, wie die britische Zeitung The Guardian schreibt.

4. Killer Sally (2022)

Sally und Ray McNeil waren ein ungewöhnliches Paar, das konnte jeder auf den ersten Blick sehen. Sie waren beide Bodybuilder. Sie lernten sich im Militär kennen, verliebten sich schnell und heirateten. Doch am Valentinstag 1995 ruft Sally die Notrufzentrale an: Sie hat ihren Mann erschossen. Aus Notwehr, sagt sie. In der Doku Killer Sally erzählen Sally McNeil, ihre zwei inzwischen erwachsenen Kinder und andere Beteiligte, wie es zu der Tat kommen konnte. Es ist eine Geschichte von häuslicher Gewalt, von einem Leben zwischen Applaus und Geldnot, von Steroiden und Wutanfällen. Die Doku bleibt nicht bei der Vorgeschichte der Tat: Sie erzählt auch, wie das Gericht und die Öffentlichkeit auf Sally McNeil reagierten. Denn dass diese muskelbepackte Frau von ihrem Mann geschlagen wird, das wollten viele nicht glauben.

5. Unsolved Mysteries (2022)

True-Crime-Dokus mit offenem Ende, in denen nicht klar ist, wer es denn nun war? Meist unbefriedigend. Anders sieht es bei Unsolved Mysteries aus. Diese Serie lebt davon, dass sie beim Zusehen zum Spekulieren und Miträtseln einlädt. In der Dokuserie geht es nicht nur um Mord- und Totschlag, sondern auch um seltsame Lichtformationen am Himmel und paranormale Aktivitäten. Unsolved Mysteries lässt einen nach drei Staffeln ganz und gar nicht unbefriedigt zurück, sondern mit einem offenen Blick für all das Mögliche – oder Unmögliche.

6. Die Verbrechen unserer Mutter (2022)

Lori Vallow war bekannt als herzliche Frau, die alles für ihre Kinder tun würde. Doch dann wurde ihr Verhalten immer seltsamer: Sie begann, von der nahenden Apokalypse zu reden. Sah sich als auserwählt, als wiedergeborene Prophetin. Nannte ihren Ehemann einen „Dämon“ und „Zombie“. Dann sind eines Tages ihre beiden jüngeren Kinder Tylee und J.J. spurlos verschwunden. Heute sitzt Lori Vallow im Gefängnis und wartet auf ihren Prozess. Die Anklage: Verschwörung zum Mord und Mord. Die dreiteilige Doku-Serie Die Verbrechen unserer Mutter rekonstruiert Lori Vallows bisheriges Leben anhand von Interviews mit Familienmitgliedern wie ihrem ältesten Sohn.

7. Emanuela Orlandi: Verschwunden aus dem Vatikan (2022)

Die 15-jährige Emanuela Orlandi war auf dem Weg zum Musikunterricht auf den Straßen des Vatikans, als sie spurlos verschwand. Doch dieser Fall ist nicht nur ein erschütternder Fall von Kindesentführung. In der vierteiligen Serie Emanuela Orlandi: Verschwunden aus dem Vatikan geht es um eines der größten Rätsel der italienischen Kriminalgeschichte, um Verschwörungen im Kirchenstaat, um Terroristen, die römische Mafia und den KGB.

8. Bad Vegan (2022)

Vom Produzent der berühmten True-Crime-Dokus Tiger King und Fyre: The Greatest Party That Never Happened ist auch die Miniserie Bad Vegan: Es ist die Geschichte der Gastronomin Sarma Melngailis, die im Jahr 2000 eines der bald erfolgreichsten veganen Restaurants New Yorks eröffnete, in dem die High Society ein und aus ging. Doch über Twitter lernt sie einen Mann kennen, der ihr das Geld aus der Tasche zieht und sie misshandelt. Trotzdem erfüllt sie ihm jeden Wunsch – und klaut mit ihm schließlich 2 Millionen US-Dollar und flieht vor dem Gesetz.

9. Der schlimmste Mitbewohner aller Zeiten (2022)

Wen man sich da ins Haus geholt hat, weiß man immer erst so richtig, wenn er oder sie bereits eingezogen ist. Und der Horror seinen Lauf nimmt. So erging es auch den Protagonist*innen der True-Crime-Serie Der Schlimmste Mitbewohner aller Zeiten, die von ihren Erfahrungen mit soziopathischen, gewalttätigen und betrügerischen Mitbewohner*innen aller Altersklassen berichten. Nach dieser Serie will man man seinen WG-Mitbewohner, der nur das Geschirr zu lange in der Spüle stehen lässt, einfach nur umarmen.

10. Der meistgehasste Mann im Internet (2022)

Wer sich selbst als „professionellen Lebenszerstörter“ und „König der Rachepornos“ bezeichnet, der freut sich wahrscheinlich sogar über den Titel dieser Serie. Hunter Moore ist Der meistgehasste Mann im Internet. Er wurde bekannt, weil er ohne Zustimmung der abgebildeten Frauen Nackt-Bilder von ihnen auf seine Internetseite stellte – und andere Männer dazu motivierte, dasselbe zu tun. Die Doku erzählt, wie er mit diesem Geschäft sehr reich wurde – bis eine wütende Mutter alles tat, um ihn zu stellen.

11. Verschwunden: Tatort Cecil Hotel (2021)

Vor ein paar Jahren ging ein gruseliges Video viral: Eine Überwachungskamera im Aufzug des Cecil Hotels in Downtown Los Angeles hatte die Studentin Elisa Lam gefilmt. Das Video zeigt, wie sie einsteigt, den Knopf für ihr Stockwerk wählt – und dann plötzlich einen Ausfallschritt aus der Tür macht und um die Ecke späht, als suche sie nach einem Verfolger. Sie presst sich an die Wand des Aufzugs, späht wieder aus der Tür, tritt auf den Gang, drückt verschiedene Knöpfe, verlässt den Aufzug wieder. Wenige Tage nach dieser Aufnahme beschweren sich Gäste des Hotels über die Qualität des Trinkwassers. Als Mitarbeiter den Wassertank auf dem Dach des Hotels öffnen, finden sie eine Leiche, die im Wasser treibt: Elisa Lam. Die Doku Verschwunden: Tatort Cecil Hotel erzählt von dem Fall in einem Hotel, das mehr als einmal Schauplatz von Morden war.

12. Web of Make Believe: Tod, Lügen und das Internet (2022)

„Das Internet hat neue Wege eröffnet, die manche Verbrechen begünstigen“: Verbrechen wie vorgetäuschte Notfälle, Betrug, Erpressung mit Nacktbildern, aber auch Wahlmanipulation und rechtsextreme Bewegungen in den USA. Um all diese Verbrechen geht es in der sechsteiligen Serie Web of Make Belive: Tod, Lügen und das Internet. Hier kommen Opfer und Expert*innen zur Sprache, die erzählen, wie auch Kriminelle vom Internet profitieren.

13. Der größte Kunstraub der Geschichte (2021)

In der Morgendämmerung des 18. März 1980 wurde aus dem Isabelle Stewart Gardner-Museum in Boston Kunst im Wert von einer halben Milliarde Dollar gestohlen. Insgesamt 13 Werke verschwanden. Die Tat gibt bis heute Rätsel auf: Warum wurden die Gemälde aus ihren Rahmen geschnitten? Und: Wo sind die gestohlenen Bilder heute? Die Miniserie Der größte Kunstraub der Geschichte erzählt die Geschichte der Ermittlungsarbeiten der letzten 30 Jahre und lädt zum Rätseln ein.

14. Dr€i Tonn€n: Der große Überfall auf die brasilianische Zentralbank (2022)

Wie Haus des Geldes, nur in echt und auf brasilianisch: Im Sommer 2005 graben Bankräuber einen knapp 80 Meter langen Tunnel direkt in den Tresorraum der brasilianischen Zentralbank – und entkommen auf gleichem Wege wieder, mit über 160 Millionen Real. Das perfekte Verbrechen, so schien es zunächst. Bis der Bankraub in Gewalt ausartete und Entführungen und sogar Morde folgten. In der Dokureihe Dr€i Tonn€n: Der große Überfall auf die brasilianische Zentralbank kommen erstmals sogar die Räuber selbst zu Wort.

15. Ich habe gerade meinen Vater getötet (2022)

Anthony Templet ist 17 Jahre alt, als er seinen Vater erschießt. Er gesteht die Tat sofort. Doch genau dieses abgebrühte Verhalten ist es, das zu Beginn der Doku-Serie Ich habe gerade meinen Vater getötet so irritiert. Es geht nie um das Was oder Wer, sondern bloß um das Warum. Die Doku fragt nach den Motiven und der Schuldfähigkeit des Jugendlichen. Und als Zuschauer fragt man sich irgendwann: Ab welchem Punkt ist eine solche Tat vielleicht sogar gerechtfertigt?

Netflixwoche Redaktion

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