The Good Nurse: Was macht die wahre Amy Loughren heute?

Zuerst könnte man meinen, der Titel des Filmes The Good Nurse  müsste doch eigentlich „The Bad Nurse“ heißen: Der True-Crime-Spielfilm erzählt den Kriminalfall um den Krankenpfleger Charles Cullen, der zwischen 1987 und 2003 in den USA mindestens 29 Menschen umbrachte, wahrscheinlich Hunderte mehr. Doch die Heldin dieser Geschichte ist die Krankenschwester Amy Loughren: Eine alleinerziehende Mutter, die nicht die  Augen verschloss, sondern den Mut aufbrachte, ihren Freund zu verraten, um Menschenleben zu retten.

Gab es Amy Loughren wirklich?

Es gibt True-Crime-Dokus, deren Held*innen werden im Film zwar als eine einzelne Person dargestellt – beruhen in Wahrheit aber auf einer Mischung verschiedener Beteiligter. So zum Beispiel die Nachbarin Glenda Cleveland aus Dahmer, die zwar eine echte Person ist, in der Serie jedoch noch Eigenschaften anderer echter Nachbar*innen zugeschrieben bekommt.

Bei The Good Nurse ist das anders: Amy Loughrens Geschichte und ihr Charakter, wie sie im Film nacherzählt werden, entsprechen so tatsächlich größtenteils der Wahrheit. Sie war es, die in Zusammenarbeit mit der Polizei ihren Kollegen und Freund Charlie überführte.

Es stimmt auch, dass Loughren schwere Herzprobleme hatte. Zwar waren diese zu diesem Zeitpunkt nicht so gravierend, wie im Film dargestellt. Loughren stand nie auf der Liste für eine Herztransplantation. Doch tatsächlich trug sie einen Herzschrittmacher und nahm Medikamente. Außer Cullen wusste im Krankenhaus niemand davon, weil Loughren Angst hatte, ihren gut bezahlten Job zu verlieren. Schließlich musste sie ihre Kinder ernähren.

Wie sich Amy Loughren und Charles Cullen kennenlernten

Ab 2003 teilte Amy Loughren sich ihre Schichten mit ihrem neuen Kollegen Charles Cullen. Sie verstanden sich auf Anhieb und wurden enge Freunde. Kurz danach begann die Polizei in einem Todesfall aufgrund einer Insulinüberdosis auf ihrer Krankenstation zu ermitteln. Die Ermittler befragten die Krankenschwestern und Pfleger*innen, zeigten Loughren Medikamentenlisten und baten um ihre fachliche Einschätzung.

Loughren fiel auf: An Cullens Medikamentenbestellungen stimmt etwas nicht.  Doch die Vorstellung, ihr guter Freund könnte ein Mörder sein, war für sie zunächst unglaublich.

Als Amy Charles in The Good Nurse auf der Polizeistation besucht, fällt ihr sofort auf, dass er zittert. Sie gibt ihm ihre Strickjacke.

„Ich habe mich komplett von der Realität abgespalten, weil sie für mich nicht zu verarbeiten war. Es war ein so intensives Gefühl, dass ich es nicht einmal fassen konnte“ , sagte sie gegenüber Glamour UK. Doch sie wusste, dass sie ihn aufhalten musste.

Anders als im Film war Loughren nicht die einzige Kollegin von Cullen, die je Verdacht schöpfte und versuchte, die Behörden zu alarmieren. 2002 zum Beispiel alarmierten sieben Krankenschwestern im St. Luke's Hospital in Pennsylvania die Polizei und die Staatsanwaltschaft. Doch die – recht oberflächlichen – Ermittlungen führten ins Leere.

Bevor Amy Loughren jemanden über ihren Verdacht informierte, sprach sie mit ihrer elfjährigen Tochter Alex (die Cullen in Wahrheit – anders als im Film – noch nie getroffen hatte) über die Vorfälle. Alex überzeugte ihre Mutter davon, dass es das Richtige sei, zur Polizei zu gehen.

So begann Loughren, die später von den Kommissaren als willensstarke und intelligente Person beschrieben wurde, bei den Ermittlungen mitzuhelfen. Letztendlich war es sie, im Film wie in der Realität,  die ihren Freund Charlie überzeugte, der Polizei ein Geständnis zu geben.

Cullen kam lebenslänglich ins Gefängnis – doch wie ging es für Amy Loughren weiter?

Nach den Vorfällen arbeitete Amy zwar zunächst einige Zeit weiter auf der Krankenstation. Doch eine Frage wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen: Warum habe ich das Monster, das ich direkt vor mir hatte, nicht gleich erkannt? Und nicht nur das: Warum habe ich es geliebt?

Sie suchte nach Antworten und so begann für Loughren eine spirituelle Reise. Sie besuchte Gurus, Energie-Heiler und Buddhisten. Und sie schrieb Cullen Briefe, besuchte ihn sogar im Gefängnis, wollte mehr wissen.

Sie lernte nicht nur viel über ihren Freund, sondern auch über sich selbst. Und ihr wurde klar, dass es ihr grundsätzlich schwer fällt, das Dunkle in Menschen zu sehen. Und dass das auch eine Gabe sein kann. Sie kündigte ihren Job im Krankenhaus.

Was macht sie heute?

Heute lebt Loughren mit ihren Töchtern und Enkelkindern in Florida und arbeitet als Reiki-Meisterin, Hypnotherapeutin, Meditationslehrerin, Energie-Heilerin – um nur einige ihrer Themengebiete zu nennen.

An den Dreharbeiten zu The Good Nurse war Amy Loughren selbst in kleinen Teilen beteiligt. Sie promotete den Film über ihre Instagram-Seite @amythegoodnurse und war selbst mit den Hauptdarsteller*innen Jessica Chastain und Eddie Redmayne auf dem roten Teppich bei der Premiere.

Obwohl sie an manchen Drehtagen bereits anwesend war, war es für Loughren unglaublich, den fertigen Film über einen so wichtigen Teil ihres Lebens nun auf der Leinwand zu sehen. „Erst als ich Jessica Chastain zusah, konnte ich wirklich stolz auf diesen Charakter sein. Der Film hat mir einen Raum eröffnet, um zu sagen: ‚Ich habe es gut gemacht‘, sagte sie gegenüber Independent UK.

Netflixwoche Redaktion

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