La Dolce Vita auf Abruf: Die besten Filme und Serien auf Netflix für die Italien-Watchlist

Draußen: graues Winterwetter. Drinnen: Bella Italia auf dem Bildschirm. Eine Villa in der Toskana, jede Menge Pasta und das türkise Glitzern des Mittelmeeres. Aber auch: Mafia, Vatikan und großes Kino. Zeit für italienische Träume, verfilmt und fertig zum Streamen auf Netflix. Divertiti!

Call Me by Your Name (2017)

Wie jeden Sommer verbringt die amerikanische Familie Perlman auch den des Jahres 1983 in ihrer pittoresken Villa in Norditalien. Zwischen der flirrenden Mittagshitze und den langen Abenden erkundet der 17-jährige Sohn Elio (Timothée Chalamet) mit dem Fahrrad die Provinz, geht schwimmen und liest Bücher. Seine Eltern widmen sich den Künsten und ihrer Arbeit. Der Vater ist Professor für Archäologie und studiert in Italien antike Skulpturen, die Mutter übersetzt unter anderem literarische Texte. Die Familie pflegt ein inniges Verhältnis, sie genießen das gute Essen, hören klassische Musik oder lesen sich gegenseitig Gedichte vor. Als der amerikanische Student Oliver (Armie Hammer) zu Besuch kommt, um Professor Perlman bei der archäologischen Forschung zu unterstützen, verändert sich für Elio alles. Er und Oliver spüren sofort eine Anziehung zueinander, und der Sommer entwickelt sich zu einem intensiven Auf und Ab der Gefühle.

Regisseur Luca Guadagnino erzählt in seinem Coming-of-Age-Film Call Me by Your Name von einer Liebe, die trotz aller Liberalität, in der Elio aufwächst, nicht der Gesellschaftsnorm entspricht. Gleichzeitig ist der Film eine Liebeserklärung an die Künste – und erinnert daran, dass alles im Leben flüchtig und jeder Moment in sich wertvoll ist.

Die Hand Gottes (2021)

Regisseur Paolo Sorrentino steht für pompöses Kino voller Farben, grotesker Charaktere und tiefsinniger Dialoge. Sein neuester Film Die Hand Gottes setzt diese Tradition fort, auch wenn er mitunter leiser und kontemplativer daher kommt als vorangegangen Werke wie La Grande Bellezza oder Loro. Das liegt auch daran, dass Die Hand Gottes Sorrentinos bislang persönlichster Film ist. Im Mittelpunkt steht der 17-jährige Fabietto, der mit seiner Familie in Neapel lebt und dort von einer Karriere als Regisseur träumt. Wie Sorrentino selbst erleidet auch Fabietto einen schweren Schicksalsschlag, der ihn jäh zum Erwachsensein zwingt. Bis zu diesem Tag lebt er ein mehr oder weniger sorgenfreies Leben, umgeben von seiner Großfamilie, den Nachbarn und Freund*innen im turbulenten Neapel. Natürlich ist er auch leidenschaftlicher Fußballfan und fiebert deswegen wie der Rest der Stadt auf die Ankunft Diego Maradonas hin. Der Weltfußballer wechselte Mitte den achtziger Jahren überraschend in die Fußballprovinz zum SSC Neapel. Indem er der ärmlichen Stadt zu Weltruhm verhalf, stieg er in Neapel in den Rang eines Halbgotts. Darum geht es in diesem Film nur am Rande, die Figur Maradona hängt aber wie ein Geist über der gesamten Geschichte. Der Filmtitel bezieht auf ein legendäres Handspiel Maradonas, gleichzeitig aber natürlich auf die Macht des Schicksals, der kein Mensch gewachsen ist, selbst wenn er solche Filme zu drehen imstande ist wie Sorrentino.

Die Hand Gottes feierte in Venedig Premiere und wurde seitdem mit etlichen Preisen ausgezeichnet. Der Film ist auch der diesjährige Kandidat Italiens im Rennen um den Oscar.

Vendetta: Wahrheit, Lügen und die Mafia (2021) 

Der Guardian titelte über Vendetta: „The Sopranos meets Tiger King“. Die Dokuserie arbeitet eine wahre Kriminalgeschichte auf, in deren Zentrum die italienische Mafia und zwei Anti-Mafia-Kämpfer*innen stehen, einer davon möglicherweise so dubios wie Joe Exotic. Aber das lässt sich in den sechs Episoden herausfinden. Als ersten Protagonisten lernen wir den italienischen Journalisten Pino Maniaci kennen, der für seine furchtlose Berichterstattung über die Mafia auf Sizilien bekannt ist. Er übernahm 1999 den Provinz-Fernsehsender Telejato und berichtete dort über organisierte Kriminalität und korrupte Politiker. Damit machte er sich viele Feinde, es gab Brandanschläge und Mordversuche. 2014 wurden seine beiden Hunde getötet und ganz Italien bekundete Solidarität mit dem kleinen, schnauzbärtigen Mann. Doch ist er wirklich der unkorrumpierbare Kämpfer für die Gerechtigkeit? Die zweite Protagonistin der Dokuserie ist die Richterin Silvana Sagusto. Auch sie hat sich dem Kampf gegen das organisierte Verbrechen verschrieben. Doch die beiden gehen keineswegs eine Koalition ein, sondern beschuldigen sich gegenseitig, eine doppelte Agenda zu verfolgen.

Chef’s Table – Massimo Bottura (2015)

Massimo Bottura ist einer der kreativsten Köche der Welt und eine Ikone der norditalienischen Stadt Modena. Mittlerweile hat er drei Michelin-Sterne, seine Wirkstätte wurde mehrfach zum besten Restaurant der Welt gewählt. Doch der Weg zu internationalem Renommee war nicht einfach. Bottura brach sein Jurastudium ab, eröffnete ein Bistro und ging Anfang der neunziger Jahre nach New York, wo er seine Frau Lara kennenlernte. Mit ihr kehrte er nach einem Zwischenstopp in Monte Carlo nach Italien zurück, gemeinsam eröffneten sie das Restaurant Osteria Francescana in Modena. Doch bei den traditionstreuen Bewohner*innen der Stadt stießen seine Kreationen nicht immer auf Begeisterung. Beispiel: Sein Tortellini-Gericht empfanden sie als Provokation, ja geradezu eine Frechheit. Bottura servierte nur sechs der kleinen gefüllten Nudeln, mit großem Abstand zueinander aufgereiht auf einem riesigen Teller, umgeben von etwas Soße. Die Zeitung titelte: „Terribile!“ Auch Gourmets anderer Länder schrieben schlechte Rezensionen über die Küche von Massimo Bottura. Doch Bottura ließ sich nicht beirren und wandelte unter der Ermutigung Laras ein italienisches Traditionsgericht nach dem anderen in moderne Kreationen um, bis der erste renommierte Restaurantkritiker begeistert über Botturas Talent und seine Neuinterpretationen der italienischen Küche schrieb. Der Rest ist Geschichte, genussvoll erzählt in dieser exquisiten Ausgabe von Chef’s Table.

Die zwei Päpste (2019)

Zwei Vertreter des Vatikans mit zwei Weltsichten, die unterschiedlicher kaum sein könnten:  Die zwei Päpste. Der erzkonservative und ganz aktuell wegen seiner Rolle im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche Schlagzeilen machende Papst Benedikt XVI (Joseph Aloisius Ratzinger) trifft auf den liberalen Argentinier Bergoglio (Papst Franziskus), der kein Papst werden will und es dennoch wird. In der päpstlichen Sommerresidenz, den Gärten von Castel Gandolfo, diskutieren die beiden über das Fehlverhalten der katholischen Kirche, den Umgang mit Kindesmissbrauch, das Zölibat und Homosexualität. Eine Situation, die vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen nochmal ganz neue Bewertungen einfordert. Die Kamera springt von einem Gesprächspartner zum anderen, wechselt zwischen zwei Argumenten für die Tradition zu solchen der Reformation.

Dabei sitzt jeder Satz. Herausragend und überzeugend genau verkörpern die beiden Hauptdarsteller ihre Rollen: Anthony Hopkins spielt den verhärmten und amtsmüden Theoretiker Ratzinger, während Jonathan Pryce den menschennahen Jesuitenpater Bergolio mit viel Liebe und Lebenserfahrung zeichnet. Scharfsinnige Dialoge, spannende Rückblenden in die jungen Leben der beiden Protagonisten und Einblicke in den Vatikan, die uns sonst verborgen geblieben wären – zum Beispiel, dass Papst Benedikt am Abend gern Kommissar Rex schaute und täglich Fanta trank.

Azzurri (2021)

2021 war das Jahr des italienischen Sports. „L'anno d'oro“ titelte die im Land omnipräsente Gazzetta dello Sport enthusiastisch, das goldene Jahr. Italien gewann gefühlt ständig und überall: im Volleyball, im Radsport, sogar in der 4x100-Meter-Staffel der Männer bei den Olympischen Spielen, wo sonst nur die Superstars aus Jamaika und den USA eine Chance haben. Über allem aber stand – Ehrensache – der calcio, der Sieg bei der Fußball-Europameisterschaft im Sommer. Diesen dokumentiert Azzurri – Road To Wembley.

Der 62-minütige Film von Regisseur Manuele Mandolesi (bekannt vor allem für seinen Dokumentarfilm Vulnerabile bellezza über eine von Erdbeben geplagte Familie in Mittelitalien) zeigt im Wechsel packende Spielszenen und die menschlichen Momente drumherum. So versteht man mit jeder Minute besser, wie eine Mannschaft ohne echte Stars den Titel erringen konnte. Die Schönheit des Triumphs bestand im Wie Anders als in der Vergangenheit wurden Siege nicht mit zynischem Defensivfußball errungen, inszeniert von verbohrten Taktikfüchsen, sondern mit Teamgeist, guter Laune und Angriffsfreude, angeleitet vom aparten Lebemann Roberto Mancini. Eigentlich sind immer alle gegen Italien. Plötzlich waren sie die Lieblinge Europas. Warum, sieht man hier.

Netflixwoche Redaktion

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