Diese deutsche Königin war die Inspiration für Queen Charlotte

„Gott sei ihren armen Seelen gnädig!“ So warnt Lady Whistledown in Bridgerton die heiratsfähigen Töchter des Adels vor, die sich bei ihrer Majestät Königin Charlotte vorstellen müssen. Schnell ist klar: Nicht König George gibt in der britischen High Society den Ton an – sondern seine imposante Ehefrau. Um ihren Aufstieg dreht sich Bridgertons Prequel Queen Charlotte, in der eine junge Charlotte (India Amarteifio) am Hofe von König George III. (Corey Mylchreest) ankommt und eine Ehe eingeht, die die ganze Gesellschaft verwandeln wird.

Als Bridgerton 2020 sein erfolgreiches Seriendebüt feierte, sorgte das Epochendrama nicht nur wegen seiner nicht ganz jugendfreien Szenen für Aufregung. Zwar dreht sich die Show vor allem um die Liebschaften der Familie Bridgerton, doch auch die Monarchin der Serie liefert viel Gesprächsstoff. Mit Charlotte (gespielt von Golda Rosheuvel) hat in der Welt von Bridgerton eine Schwarze Königin das Sagen. Ihr psychisch kranker Gatte spielt buchstäblich nur eine Nebenrolle, da er oft nicht mehr zurechnungsfähig ist.

Bridgerton ist eine fiktive Serie und die Figur Königin Charlotte eine erfundene Figur. Doch Serienmacherin Shonda Rhimes hat sich für Charlotte von einer Königin aus Deutschland inspirieren lassen. Gestatten: Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz.

Arrangiertes Eheglück: So lernten die wahre Charlotte und George sich kennen

Die wahre Sophie Charlotte stammt aus einem kleinen Herzogtum in Norddeutschland. Sie ist die jüngste Tochter von Herzog Carl Ludwig Friedrich zu Mecklenburg und seiner Frau Prinzessin Elisabeth Albertine von Sachsen-Hildburghausen.

Charlotte (India Amarteifio) am Hofe von König George III. (Corey Mylchreest).

Charlotte kommt am 19. Mai 1744 in Mirow an der mecklenburgischen Seenplatte zur Welt. Mit 17 zieht sie nach Großbritannien, wo sie nur Stunden nach ihrer Ankunft in London mit König George III. vor den Altar tritt. Auch sie kennt ihren Ehemann zum Zeitpunkt der Heirat noch nicht – trotzdem sind die beiden zumindest am Anfang ihrer Ehe glücklich miteinander. „Sicher gab es niemanden, der mehr zu bedauern war, als ihre Majestät, denn kein Paar war jemals glücklicher gewesen als vor diesem größten aller Unglücke“, schrieb eine Mrs. Philip Lybbe Poyse 27 Jahre nachdem sie Gästin bei der Krönungszeremonie war. Denn wie auch in der Serie sollte das Eheleben der beiden eine tragische Wendung nehmen.

War die echte Königin Charlotte Schwarz?

Darüber haben Historiker*innen schon lange vor Bridgerton diskutiert. Zu einem eindeutigen Ergebnis sind sie nicht gekommen. Gerüchte, dass die Ehefrau von König George III. tatsächlich afrikanische Vorfahr*innen hatte, lassen sich nicht bestätigen.

Zu den Verfechtern der These gehört jedoch Mario de Valdes y Cocom, Historiker und Forscher für PBS. Er argumentiert, dass Charlotte eine weit entfernte Nachkommin der portugiesischen Adelsfamilie sei, der nachgesagt wird, unter anderem maurische Wurzeln zu haben.

Dennoch bleibt die Frage, ob Charlotte Großbritanniens erste Schwarze Königin war, eine Mutmaßung. Historisch korrekt zu sein ist wie erwähnt ohnehin nicht der Anspruch von Bridgerton und Queen Charlotte. Trotzdem haben Queen Charlotte und ihr historisches Vorbild ein paar andere Gemeinsamkeiten.

Rauschende Feste und ein Besuch von Mozart

„Ich sehne mich nach Unterhaltung, nach etwas Aufregendem“, beschwert sich Königin Charlotte in Bridgerton. Die Akrobatin, die gerade die schwierigsten Verrenkungen vollführt, lässt die Monarchin unberührt. Sie wartet auf spannenden Klatsch und Tratsch. Darum beauftragt sie ihren Neffen, Prinz Friedrich von Preußen, dem Juwel der Hochzeitssaison, Daphne Bridgerton, den Hof zu machen.

Auch die echte Charlotte wird zu Beginn ihrer Regentschaft dafür gefeiert, dass sie zu vielen sozialen Anlässen einlädt, schreibt Autorin Flora Fraser, die ein Buch über die Töchter der Königin veröffentlicht hat. Charlotte und der König hätten am Anfang täglich Mitglieder der adligen Gesellschaft  eingeladen. Zu diesen Anlässen soll Charlotte regelmäßig Gesangsvorstellungen gegeben haben. Da der Hof in London im Gegensatz zum Rest Europas sonst als sehr dröge gilt, sind die Events des Paars eine willkommene Abwechslung.

George und Charlotte haben sogar Wolfgang Amadeus Mozart empfangen, als dieser im Alter von acht Jahren in London zu Besuch war. Die Königin soll die Flöte gespielt und das Wunderkind sie auf dem Klavier begleitet haben. Im Anschluss hat er ihr sechs Sonaten gewidmet. Auch in Bridgerton erzählt Charlotte ganz nebenbei: „Ich begegnete Mr. Mozart als er noch keine zehn Jahre alt war. Der Junge begleitete mich auf dem Klavier.“

Neben ihrem Interesse an Kunst und Wissenschaft begeistert sich die Königin für die Botanik. Beteiligt sich am Ausbau der königlichen Gärten und es heißt sogar, sie habe den Weihnachtsbaum – eine Tradition aus ihrer Heimat – in Großbritannien eingeführt.

Rückzug aus der Öffentlichkeit

Im Gegensatz zur Serienfigur zieht sich die echte Charlotte gemeinsam mit George bald weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Beide führen fortan ein bescheidenes und sehr frommes Leben. Verschiedenen Berichten zufolge war die Königin eine schüchterne Person, die sich stets den Wünschen ihres Ehemanns gebeugt haben soll. Somit wurde sie allen Ansprüchen gerecht, die George schon vor der Ehe an seine zukünftige Braut gerichtet hatte: Seine ideale Kandidatin war eine demütige und bescheidene Person ohne Interesse an politischen Intrigen.  

Wie in Bridgerton kämpfte auch der echte König George mit schweren psychischen Störungen. Seine Krankheit wird zunächst von seiner Mutter Augusta vor Charlotte geheim gehalten. Aber sein gesundheitlicher Verfall sollte sich entscheidend auf die Ehe des Paars auswirken. Je öfter George unter seinen manischen Phasen leidet, die zum Teil mit Gewaltausbrüchen einhergingen, desto mehr entfernen sich die beiden voneinander. Im Jahr 1789 hat die Königin (damals 45) bereits weiße Haare, weil der Stress ihr so zusetzt.

Obwohl sich George damals eine politisch desinteressierte Gattin gewünscht hatte, soll Charlotte alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um ihren Sohn davon abzuhalten, den König für wahnsinnig erklären zu lassen und den Thron für sich selbst in Anspruch zu nehmen. Doch Georges Gesundheitszustand nimmt so rapide ab, dass George IV. nach viel politischem Hin und Her im Jahr 1811 – noch vor dem Tod seines Vaters – die Regentschaft übernimmt.

Bis sie am 17. November 1818 stirbt, hält Charlotte die Vormundschaft für ihren schwerkranken Ehemann inne. In den 57 Jahren als Königin gebärt sie 15 Kinder – mehr als alle anderen Monarch*innen in der englischen Geschichte. Königin Victoria gehört zu ihren Enkel*innen.

Fakt versus Fiktion

Schon in Bridgerton wird klar, dass die fiktive Königin Charlotte einen eigenen Kopf hat. Sie agiert weitestgehend unabhängig vom König und genießt den Respekt ihrer Untergebenen. Sie fällt auf, ist stolz und hat bedeutsamen Einfluss auf die Gesellschaft. In der Hinsicht unterscheiden sich Inspiration und Fiktion deutlich.

Im echten Leben war Charlotte eher unscheinbar und lebte mit ihrer Familie meist zurückgezogen. Dennoch war auch sie lange Zeit beim Volk sehr beliebt. Die größte Gemeinsamkeit scheinen beide Charlottes jedoch vor allem mit Hinsicht auf ihr Liebesleben zu haben, das durch Georges Krankheit ein trauriges Ende nehmen musste.

Netflixwoche Redaktion

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