
Derry Girls noch nicht gesehen? Fünf Gründe, jetzt alle drei Staffeln zu bingen
Als Lisa McGee in den Neunzigern in Derry aufwuchs, schwor sie sich, niemals über den Nordirlandkonflikt zu schreiben. Zum Glück hat sie diesen Schwur gebrochen: Im Vereinigten Königreich und Irland ist ihre Serie Derry Girls schon Kult. In Deutschland dagegen ist sie fast noch ein Geheimtipp.
Nun ist auf Netflix die finale, dritte Staffel erschienen – und falls jemand nach dem Trailer immer noch Gründe braucht, mit dieser Serie anzufangen, haben wir hier fünf gesammelt.
Darum geht es in Derry Girls:
Die Derry Girls, das sind Erin (Saoirse-Monica Jackson), ihre durchgeknallte Cousine Orla (Louisa Harland) und ihre Freund*innen: Die Streberin Clare (Nicola Coughlan), Michelle (Jamie-Lee O'Donnell) – die nur Parties und Jungs im Kopf hat – und Michelles englischer Cousin James (Dylan Llewellyn).
Die fünf Teenager leben in den Neunzigern während des Endes des Nordirlandkonflikts im kleinen, aber umkämpften Derry. Doch im Mittelpunkt ihres Lebens stehen nicht die Bombenangriffe oder die Friedensverhandlungen. Sondern Boy Bands, anstrengende Eltern und das Überleben auf der katholischen Mädchenschule.
Hier sind fünf gute Gründe, das Wochenende mit den Derry Girls zu verbringen:
1. Die Dialoge sind irre witzig
In einem Artikel über die besten Zitate der Serie müsste man einfach nur die Drehbücher eins zu eins abschreiben. Jeder Satz ist ein Gag. Für Derry Girls gilt darum: Die Serie mit Originalton gucken, aber mit deutschen Untertiteln. Denn bei dem Derry-Akzent der Figuren verstehen auch viele Englisch-Muttersprachler nur die Hälfte. Und das wäre schade, bei Dialogen wie in dieser Szene:
Die Derry Girls beschließen, gegen die Uniform ihrer katholischen Schule zu rebellieren, und wollen statt Blazer in Jeansjacke antanzen. Doch als sie sich auf dem Schulweg treffen, trägt nur Clare eine Jeansjacke.
Clare: „Was soll das? Wir wollten doch dieses Jahr Individualisten sein!“
Erin: „Ich wollte ja individuell sein, aber meine Mum lässt mich nicht.“
Clare (zieht ihre Jeansjacke aus): „Ganz allein will ich auch kein Individuum sein!“
2. Derry Girls zeigt, wie Teenagersein sich wirklich anfühlt
Sixpack, Gucci-Tasche und perfekter Lidstrich? So sehen Teenager in Serien wie Riverdale, Glee oder Élite aus. Die Realität sieht anders aus – und zwar so wie in Derry Girls. Die Derry Girls stolpern und scheitern und stottern sich durch die Pubertät, in schlecht sitzenden Schuluniformen und mit Punk-Attitüde. Wenn die Mädels (inklusive James) mal Lidstrich tragen, dann nur, um ihre coole Lehrerin zu imitieren.

„Ich glaube nicht, dass ich jemals erwachsen werde. Fünfzehn ist der Punkt, an dem ich irgendwie hängen geblieben bin“, hat Derry Girls-Creator Lisa McGee in einem Interview erzählt. „Ich mag Teenager wirklich sehr, und sie sind oft nicht gut geschrieben, vor allem in Dramen. Entweder werden sie wie Mini-Erwachsene behandelt, und das ist seltsam und sexualisiert, oder sie werden nicht mit dem Respekt behandelt, den sie verdienen.“
3. Die Figuren sind alle vielschichtig und liebenswert
Die fünf Derry Girls sind keine Stereotypen, sondern eigensinnige Charaktere, die sich weiterentwickeln. James zum Beispiel. Er war lange eher das Maskottchen der Mädchen als ein vollwertiges Mitglied der Gruppe. Und litt sehr darunter, als einziger Junge und einziger Engländer eine nordirische Mädchenschule besuchen zu müssen. Doch am Ende der zweiten Staffel schreit er stolz: „Ich bin ein Derry Girl!“

Auch die Erwachsenen sind mehr als Nebencharaktere. Wie Erins Großvater Joe, der stoische Patriarch der Familie. Lisa McGee hat mit dieser Figur ihrem eigenen Großvater Joe ein Denkmal gesetzt.
Und natürlich Schwester Michael (Siobhán McSweeney) mit ihren sarkastischen Seitenhieben. Ihre Frenemy-Beziehung mit Pfarrer Peter erreicht in der finalen Staffel seinen komischen, aber auch rührenden Höhepunkt.
4. Die Geschichte ist topaktuell
Derry Girls spielt zwar während der „Troubles“ in den Neunzigern. Doch auch wenn die Zeit der bewaffneten Auseinandersetzungen 1998 mit dem Karfreitagsabkommen offiziell beendet wurden, schwelen noch immer Konflikte zwischen den Protestanten (den Loyalisten, die wollen, dass Nordirland im Vereinigten Königreich bleibt) und den Katholiken (den Republikanern, die ein vereinigtes Irland wollen).
Vor allem der Brexit sorgt für neuen Ärger: EU und Vereinigte Königreich streiten sich über das Nordirland-Protokoll, das den Warenverkehr an der Grenze regelt. Das Protokoll ist eine Ausnahmeregelung, damit keine „harte“ Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland entsteht – fällt diese Sonderregel, dann ist auch das Karfreitagsabkommen gefährdet.
Derry Girls gibt einen Einblick zur Vorgeschichte dieses Abkommens und erzählt, wie das Leben während des Nordirlandkonflikts für die Menschen in Derry wirklich war.
5. Die finale Staffel wird noch besser als die ersten zwei
Jede Episode der dritten Staffel ist wie ein kleiner Film aus einem anderen Genre. Folge eins fühlt sich an wie eine Goodfellas-Parodie: Die Folge beginnt mit der Sorge der Clique um ihre Schulnoten und mit Opa Joe, der eine streunende Katze aufnimmt. Die Katze entpuppt sich als Serienkiller unter den Haustieren der Nachbarschaft. Am Ende muss ein Kadaver heimlich verscharrt werden und es gibt eine Verhaftung.
Folge zwei dreht sich um einen sexy Klempner. Folge drei erzählt parallel zwei Geschichten in zwei Zugabteilen. Folge vier ist ein kleiner Horrorfilm. In Folge fünf kehren Ma Mary and Tante Sarah an ihre alte Schule zurück – Stichwort: Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast. In Folge sechs versuchen die Derry Girls, sich Konzerttickets für Fatboy Slim zu ermogeln, indem sie dem Fernsehen eine große Lüge auftischen. Und im Finale gibt es zwei rivalisierende Parties – eine von Erin und Orla organisierte Party, und eine von Erzrivalin Jenny.
Ach ja, und der Nordirlandkonflikt neigt sich dem Ende.
Auch wenn es für alle Fans schade ist, dass diese Serie nach drei Staffeln endet – Derry Girls findet einen starken Schluss, der dieser witzigen, originellen Serie würdig ist.