Chad and JT Go Deep: Mit Sex Toys gegen die Umweltverschmutzung

In unserer Serie „Geheimtipp“ stellen wir in loser Folge Empfehlungen aus der Redaktion vor – Filme und Serien, die nie in den Top 10 auftauchen, es aber definitiv verdient hätten. Diesmal: die Mockumentary Chad and JT Go Deep.

Auf der Promenade von Venice Beach steht ein Verkaufsstand. Direkt daneben ist ein Schild angebracht. Darauf sind zwei Sätze zu lesen, die so bescheuert klingen, dass viele Fußgänger*innen stehen bleiben: „Rettet das Riff! Recycelt eure Sex Toys!“ Eine Frau tritt an den Stand heran und wird direkt von Chad und JT vollgelabert. Chad und JT sind Surfer und selbst ernannte Aktivisten. „Ist dir bewusst, dass hier ungefähr acht Millionen Tonnen Plastik im Meer landen und dass circa zehn Prozent des Mülls Sexspielzeug ist?“, fragt Chad. Die Frau deutet auf die Auslage: „Das ist also alles gebraucht?“ Chad nickt: „Keine Sorge. Das hat alles unseren Desinfektionsprozess durchlaufen. Und wenn es nicht komplett sauber ist, legen wir es in die Badewanne von JTs Mutter.“

Gebrauchte Sexspielzeuge gegen die Verschmutzung der Weltmeere: Diese Szene stammt aus der Netflix-Mockumentary Chad and JT Go Deep. Die Serie funktioniert ein bisschen so wie Borat. Chad und JT sind Kunstfiguren, die auf echte Menschen losgelassen werden. Anders als in vielen solchen Formaten geht es aber nicht darum, die Gesprächspartner*innen von Chad und JT vorzuführen. Das Format will herausfinden, wie die Menschen mit der entwaffnenden Naivität von Chad und JT umgehen. Denn eigentlich haben die beiden fast immer das richtige Anliegen – nur leider wählen sie dafür die falschen Methoden.

Chad und JT übererfüllen das Klischee von kalifornischen Surfer-Dudes. Sie sind braun gebrannt, leben noch bei ihren Eltern und interessieren sich für Bierbong-Saufen, E-Scooter-Fahren und die Fast & Furious-Filmreihe. Chad und JT — das wird schon nach den ersten Serienminuten klar — hatten noch nie einen bösen Gedanken in ihrem Leben. Ihre Naivität ist so grenzenlos wie ihre Begeisterungsfähigkeit. Ein Golden-Retriever-Mindset.

In einer Folge essen Chad und JT halluzinogene Pilze. Dabei wird ihnen zum ersten Mal bewusst, dass große Teile des Amazonas-Regenwalds abgeholzt und verbrannt werden. Am nächsten Tag nehmen sie deshalb an einer öffentlichen Sitzung des Stadtrats von Los Angeles teil und tragen ihr Anliegen vor. JT steht am Rednerpult und erzählt den teils verwirrt, teils amüsiert schauenden Politiker*innen folgende Geschichte: „Während unseres Pilze-Trips haben wir vor allem mit den Bäumen kommuniziert. Und sie haben uns darüber informiert, dass der Amazonas in großen Schwierigkeiten steckt. Um auf die Abholzung des Regenwaldes aufmerksam zu machen, werden wir uns einen Streifen in die Mitte unserer Haare rasieren. So wie ein umgekehrter Iro — voll mit Bedeutung. Wir laden Sie dazu ein, das Gleiche zu tun und Stellung zu beziehen.“

Die Mitglieder des Stadtrats wissen nicht so recht, was sie dazu sagen sollen. Sie bedanken sich bei JT und rufen den nächsten Redner ans Pult. Und man selbst denkt: Vielleicht wäre die Welt wirklich eine bessere, wenn wir alle ein bisschen mehr so wären wie Chad und JT.

Lennardt Loss, Netflixwoche

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