Bjarne Mädel über Buba: „Da lache ich dann als Befreiung“

In How to Sell Drugs Online (Fast) war Dealer Jakob Otto, genannt Buba, nur für eine Staffel zu sehen. Weil die Figur aber von den Fans sehr geliebt wurde, zeigt ein Prequel nun, wie Buba zu einem derart durchgeknallten Typen werden konnte. Weil in der Vergangenheit etwas grob schief gegangen ist, ist Buba sicher: Wenn es mir gut geht, geht es anderen schlecht. Gemeinsam mit seinem Bruder Dante hat er deshalb ein System entwickelt, um seinen Alltag so unangenehm wie möglich zu gestalten. Über dreißig Jahre funktioniert das ganz gut. Doch dann passiert etwas, mit dem niemand gerechnet hat: Der Kleinstadt-Verbrecher verliebt sich.

Im Netflixwoche-Interview erzählt Darsteller Bjarne Mädel, warum er Lust hatte, die Figur noch einmal zum Leben zu erwecken, welcher Teil des Films ihm am meisten Spaß gemacht hat – und was sein Lieblingssketch von Monty Python ist.

Herr Mädel, Sie haben mal gesagt, dass Sie sich in Ihrer Arbeit nicht gerne wiederholen und Rollen dann lieber absagen. Warum wollten Sie den Buba trotzdem noch einmal spielen?

Bjarne Mädel: Ich hatte bei How to Sell Drugs Online (Fast) ja nur ein paar Drehtage. Aber obwohl ich in der kurzen Zeit nur ein bisschen in die Figur hineingefühlt habe, hat mir die Rolle so viel Spaß gemacht, dass ich Lust auf das Prequel hatte. Die Rahmenbedingungen waren auch perfekt.

Inwiefern?

Ich war vom Start weg an der Geschichte beteiligt. Oft bekomme ich Drehbücher angeboten, bei denen ich spätestens nach der dritten Seite weiß, wie der Film ausgeht. Die lehne ich dann ab, weil ich ungern etwas spielen möchte, was mich schon beim Lesen langweilt. Bei Buba dagegen gab es ja noch gar kein Drehbuch, als ich zugesagt habe. Wir konnten also gemeinsam einen Film entwickeln, bei dem nie klar ist, was als nächstes passiert, und sehr lange nicht klar ist, wie er ausgeht.

Dass das Leben von Buba mit einem ordentlichen Knall zu Ende geht, wissen zumindest alle, die How to Sell Drugs Online (Fast) gesehen haben. Ist es nicht gefährlich, eine Figur zurückzuholen, die eigentlich schon ein spannendes Ende gefunden hatte?

Eigentlich schon, ja. Aber wir fanden trotzdem, dass es erzählenswert ist, wie ein Mensch so werden kann wie Buba. Was alles schieflaufen muss, damit einer überzeugt ist: Mir darf es nicht zu gut gehen im Leben, sonst passiert sofort etwas Schlechtes! Ich habe zusammen mit Arne Feldhusen ja schon Stromberg, Tatortreiniger und viele andere Projekte gemacht. Wir kennen uns und den Geschmack des anderen sehr gut. Auch deshalb hatte ich keine Angst, Buba könnte ein öder Film werden.

Die Familie und die Liebe sind für Buba zwei wichtige und auch komplizierte Themen. Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Georg Friedrich erlebt, der Bubas Bruder Dante spielt?

Georg ist ein toller Kollege, der einen am Set immer wieder herausfordert. Der macht nie zwei identische Takes nacheinander. Ich bin im Vergleich relativ brav, was das Einhalten des Drehbuchs betrifft. Er aber hat immer wieder sehr spontane Ideen und man muss sehr wach sein, um ihm folgen zu können. Wenn Georg Friedrich in einer Szene nur mit jemandem anstoßen soll, kann es passieren, dass er einfach das Glas in die Luft wirft, weil er das gerade passender findet. Mir gefällt das, weil es das Zusammenspiel lebendig macht. Man reagiert sehr echt, weil man ehrlich überrascht ist. Georg hat auch immer was sehr Schräges, sehr Eigenes. Und deshalb war er als Bruder von Buba die perfekte Besetzung. Und zum Thema Liebe : Ebenso perfekt für Buba war auch Anita Vulesica, die die Jule spielt…

… in die sich Buba verliebt. Wie war das, so einen Typen als verliebten Mann darzustellen?

Das hat mir an der Rolle mit den größten Spaß gemacht. Ohne zu viel zu spoilern: Als sich Buba das erste Mal in seinem Leben verliebt hat, ist etwas wirklich Schlimmes passiert. Deshalb hat er sich das nie wieder erlaubt und ist völlig überfordert. Dieses ständige Ankämpfen gegen ein eigentlich so schönes Gefühl war sehr spannend zu spielen. Denn Buba ist ja überzeugt: Wenn er sich etwas Angenehmes erlaubt, geht die Welt unter. Das ist seine Realität. Dass die Beziehung zu Jule trotz seiner Dämonen immer inniger wird, hat eine wunderbare innerliche Reibung erzeugt, die hoffentlich auch bei den Zuschauern ankommt.

Buba hat eigentlich Angst vor Zweisamkeit. Jule mag er aber einfach zu gern.

Wir haben nun viel über die Tragik des Films gesprochen. Aber er hat ja auch Comedy-Elemente. Mal ganz grundsätzlich: Was finden Sie lustig?

Ich mag Humor, wenn er als Mittel eingesetzt wird, um Tragik zu vermeiden. Ich finde es zum Beispiel lustig, wenn sich jemand beim Aufstehen den Kopf an einer Lampe anstößt und dann nicht „blöde Lampe“ sagt, sondern „blöder Kopf“. Wenn eine Ungeschicklichkeit mit Sinn versehen wird. Aber auch reine Clownerie kann witzig sein, wenn sie perfekt gemacht ist. Es gibt einen Sketch von Monty Python in Live at the Hollywood Bowl. Da geht es hauptsächlich ums Ausrutschen auf Bananenschalen und wie man sich gegenseitig Torten ins Gesicht knallen kann. Das finde ich urkomisch, weil das Timing so irre gut ist. Aber eigentlich lache ich eher über Dinge, wenn ich die Tragik dahinter spüre.

Das müssen Sie erklären.

Ich bin ein Fan von der Art Humor, hinter dem sich eine Not verbirgt. Wo ich sehe, wie die Figur kämpfen muss. Wenn jemand einen Liegestuhl aufbauen will, es einfach nicht klappt und der Typ langsam verzweifelt und deshalb immer wütender wird: Da beginnt für mich Humor, da lache ich dann als Befreiung. Das können auch Momente im Leben sein, die so unangenehm und schlimm sind, dass man es fast nicht aushalten kann. Anders gesagt: Ich finde es am komischsten, wenn es nichts zu lachen gibt oder man eigentlich nicht lachen darf.

Ikea-Regale aufzubauen dürfte also genau Ihr Ding sein.

Genau. Wobei, da lachen in meinem Fall eben eher die anderen. Ich bin sehr perfektionistisch, aber ein miserabler Handwerker. Das ist gar keine gute Mischung und hat schon zu manchem Tobsuchtsanfall geführt.

Dann sprechen wir besser wieder über Ihren Beruf. Vor kurzer Zeit haben Sie in Sörensen hat Angst nicht nur die Hauptrolle gespielt, sondern auch Regie geführt. Von Besetzung bis Ausführung konnten Sie alles selbst entscheiden. Ist es da schwierig, wieder an ein Set zu kommen und nur Schauspieler zu sein?

Im Gegenteil, das war für mich total entspannend. Als Regisseur musst du in jeder Pause Fragen beantworten, jeder will etwas von dir. Wie machen wir weiter? Willst du das so oder so? Morgen soll es übrigens regnen: Was machen wir dann? Als Darsteller dagegen kannst du während Pausen Brötchen essen und Kaffee trinken. Und wenn irgendwelche Katastrophen am Set passieren, bist du total locker und denkst: Gut, wenn sich alles verzögert, werde ich halt noch für einen weiteren Drehtag bezahlt. Als Regisseur kriegst du in der gleichen Situation einen Herzinfarkt.

Also künftig keine Doppelbelastung mehr?

Für meine Lebenserwartung wäre das wahrscheinlich vernünftiger, aber es reizt mich dann doch zu sehr. Deshalb werde ich beim Dreh ab Herbst auch beim zweiten Sörensen-Film wieder die Hauptrolle spielen und Regie führen. Es sollte eben auch gar nicht so klingen, als ob ich es nicht genossen hätte, Regisseur zu sein. Es ist, abseits von dem ganzen Stress und Druck, natürlich toll, wenn man alle Fäden in der Hand hat und die Richtung von einem Film vorgeben kann und dieser am Ende so wird, wie man ihn vorher im Kopf oder im Bauch hatte. In beiden ist ja manchmal auch noch mehr drin als nur belegte Brötchen.

Netflixwoche Redaktion

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